Mehr als nur eine Kneipe – Das Blaue Haus
Geschichte – In den 60er Jahren war die Kreuzstraße eine kleine, graue Straße mit engen Bürgersteigen, Stufen vor kleinen, verstaubten Läden und unauffälligen Bürgerhäusern. Nur die erste akademische Bieranstalt, die “Cavete Münster” leuchtete bereits lila-fröhlich. Haus Nr. 16/17 war vernachlässigt und heruntergekommen.
Im Erdgeschoß befand sich ein geschlossener Gemüseladen, darüber wohnten arme, alte Leute bis unters Dach in engen Kämmerchen. Zwar gab es Fundamente und Gebäudeteile, die noch aus der Zeit vor dem 30-jährigen Kriegs stammten, aber es war oft umgebaut worden und damals wußte niemand mehr etwas mit dem alten Haus anzufangen.
So war die Abrißgenehmigung bereits erteilt, als der Student Lothar Weldert das Haus kaufte. Er allein hatte seine verborgene Schönheit erkannt und wußte den Landeskonservator dafür zu interessieren.
Zusammmen mit dem Architekten Hermann Sievert, den Künstlern Hilke Duis und Joachim v. Appen, dem Stadtbaurat, Behörden und Handwerkern plante er ein Lokal, das nicht nur das Gesicht der Straße verändern sollte. Behutsam wurde umgebaut, restauriert, modernisiert und langsam entstand “Das Blaue Haus”. Den Namen erhielt es von seiner strahlend blauen Fassade, die seinerzeit für viel Aufregung und Ärger sorgte.
Noch vor der Eröffnung am 28. April 1970 wurde eine große, festliche Flower — Power Eröffnung gefeiert. Studenten trugen ihren blumenbekränzten Professor bis zum Domplatz. Die Gäste und die Bedienungen der “Zweiten akademischen Bieranstalt” waren Blumenkinder. Selbst auf der Straße lagerten sie mit ihren Hunden, Instrumenten und ihrem Gepäck in prächtigem Outfit. Die laute Musik erfreute nicht jedermann. Die Hippies kamen aus vielen Ländern und sprachen ebensoviele Sprachen, man verständigte sich daher auf Englisch. Alle waren irgendwie auf der Reise, trafen sich jedoch in Münster, im Blauen Haus. Make love, not War ist das Motto der Stunde gewesen! Flower — Power all over the World!
Auch innen im Blauen Haus waren überall Blumen, Schmetterlinge, Puppen und geblümtes Dekor. Beleuchtet wurden und werden sie von eigens entworfenen Lampen mit Schmetterlings– und Pflanzen — Scherenschnitten. Plakate, Adressen, Postkarten, Blumen und Scherenschnitte klebten an den Wänden. Auf dem Boden schliefen die Menschen. Die Gäste, die Musik, die Bedienung und der Stil des Blauen Hauses haben sich mt der Zeit verändert, doch geblieben sind die Scherenschnitte — Auf den Lampen, der neuen Speisekarte und die Blumenmuster an den Wänden.
Für Scherenschnittinteressierte gibt es an der holländisch — deutschen Grenze in der kleinen Stadt Vreden die größte private Scherenschnitt — Sammlung Deutschlands, mit über 14 000 Originalen. Galerie und Museum der Scherenschnitte, 48691, Op de Bookhold.